Nachhaltigkeit hat sich zu einem Trendwort entwickelt. In vielen Lebensbereichen wie auch im Tourismus deklarieren immer mehr Hotels, Reiseverbände und Tourenanbieter:innen ihr Angebot als umweltfreundlich. Für uns als Reisende wird es dadurch immer schwerer, zu erkennen: nachhaltig – was bedeutet das? Und wer setzt sich wirklich für die Nachhaltigkeit mit allen drei Facetten – sozial, ökologisch und ökonomisch – ein? Gütesiegel sollen dabei helfen, genau das zu erkennen. Aber davon gibt es so viele, sodass die Durchsicht im Label-Dschungel als Reisende:r oft fehlt.

Jeder elfte Mensch arbeitet im Tourismusbereich oder ist auf ihn angewiesen. Die Tourismusindustrie ist groß und einflussreich. Wir Reisende haben in Umfragen bewiesen: wir legen Wert auf Nachhaltigkeit. Aber dennoch fällt es uns schwer, Abstriche zu machen und zu verstehen, was das eigentlich bedeutet. Da ist es manchmal einfacher, dem angezeigten Gütesiegel auf der Homepage des Restaurants zu vertrauen oder sich über CO2-Kompensation bei der nächsten Flugreise zu freuen.

Die fünf häufigsten Mythen von nachhaltig reisen
Wir räumen mit den häufigsten Mythen und Vorurteilen zu nachhaltig reisen auf. Wer Wert auf Nachhaltigkeit legt, wird diese Aussagen kennen.

Hotels bemühen sich darum, nachhaltig zu agieren, indem sie ihren Wasserverbrauch senken, Abfall vermeiden, nachhaltige Energie nutzen und den Gast darauf aufmerksam machen, dass Handtücher nur getauscht werden, wenn sie am Boden liegen. Es vermittelt nicht nur Reisenden ein besseres Gefühl, sondern auch den Hotels. Dennoch lässt sich der Gedanke nicht abstellen, ob das reicht und ob es wirklich „echt“ ist. Nur weil wir es vermeintlich sehen, hilft es auch wirklich der Umwelt? Werden wirklich alle Maßnahmen umgesetzt oder liegt hier Greenwashing vor? Denn oft ist es für den Betrieb einfacher, sich durch Marketing nach außen hin nachhaltig und grün darzustellen, anstatt wirklich umzudenken.

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Greenwashing bedeutet laut dem Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland, dass sich ein Unternehmen nachhaltig darstellt, obwohl es das gar nicht ist.

Immer mehr Fälle von Greenwashing werden aufgedeckt und bekannt und damit sinkt gleichzeitig unser Vertrauen in umweltfreundliche Maßnahmen und Angebote. Wie sollen wir wissen, wer wirklich alle Seiten von Nachhaltigkeit in Betracht zieht und sich nicht nur mit vermeintlichen Labels schmückt?

So erkennst du Greenwashing

  • Sei kritisch und prüfe, wie transparent das Engagement ist: Gibt es weitere Informationen über das Projekt, für das sich der Anbieter engagiert? Oder endet das in einer Sackgasse?
  • Schau im Impressum nach: Wer steckt hinter dem Nachhaltigkeitsprojekt? Besteht ein unternehmerisches Interesse? Wenn ja, wie überzeugend ist das unternehmerische Engagement? Handelt es sich um eine gemeinnützige Einrichtung? Gibt es Kontaktdetails?
  • Prüfe das Preisleistungsverhältnis: Ist es bei einem günstigen Angebot wirklich möglich, dass der Anbieter sich nebenher angemessen für die Umwelt einsetzt? Beispielhaft ist hier die CO2-Kompensation bei Billigflügen zu nennen.
  • Orientiere dich an offiziellen Labels und Gütesiegeln: Innerhalb der EU gibt es das EU Ecolabel, das TourCert-Label (CSR) und das GSTC-Label. So gibt es auch Reiseplattformen, die nur Hotels und Anbieter aufnehmen, die sich an den Labels orientieren (z. B. GreenPearls).

Wie schon angedeutet, ist die Sache mit den Gütesiegeln nicht ganz so einfach, wie es klingt. Denn im Prinzip kann jedes Unternehmen ein eigenes Label ins Leben rufen und sich damit „schmücken“. Innerhalb des Tourismus gibt es über 200 Siegel. Auf Seiten wie Label Online kannst du aber das angegebene Gütesiegel überprüfen und dir weitere Informationen dazu einholen.

Foto: Benjamin Bernotat

Und wie geht’s weiter?

Anfang des Jahres 2023 hat die EU-Kommission vorgeschlagen, ein Gesetz gegen Greenwashing zu erlassen, das es erschwert, Produkte als umweltfreundlich zu deklarieren, ohne, dass es wissenschaftlich belegt ist. Das soll mehr Transparenz hineinbringen und Verbraucher:innen unterstützen, Entscheidungen verantwortungsvoll treffen zu können, aber auch Unternehmen an feststehende Richtlinien zu binden. Die EU-Richtlinie zu umweltfreundlichen Aussagen wird sich vorwiegend auf den Textil- und Lederbereich beziehen. Wie sich das auf den Tourismusbereich auswirken wird, bleibt abzuwarten. Nötig wäre es auf jeden Fall.

Was wir als Reisende machen können? Vor allem kritisch hinterfragen und verantwortungsvoll reisen.

Nachhaltig reisen in Europa - ohne schlechtes Gewissen
Wenn wir reisen, beeinflussen wir die Umwelt im jeweiligen Land. Wir haben Tipps für dich, wie du nachhaltig in Europa reisen kannst.