Jeder kennt dieses Kribbeln im Bauch, wenn man an den bevorstehenden Urlaub denkt. Die salzige Luft am Meer, das aufregende Treiben in einer unbekannten Großstadt oder die Ruhe in einem abgelegenen Bergdorf. Doch können virtuelle Reisen dieses Gefühl auch auslösen?

Nicht auszuschließen, dass dieser Trend insbesondere während der Covid-19-Lockdowns einen Aufwind erfuhr, schließlich blieb einem nichts anderes übrig als Reisefotos und -videos anzusehen – die eigenen, oder jener Fremder. Bereits vor wenigen Jahren bin ich auf das YouTube-Phänomen der „Walking Tours“ gestoßen. Das sind Videos, in denen jemand mit einer Steady-Cam oder einem Gimbal durch die Stadt läuft und unkommentierte lange Videos dreht, ohne andere (wenn, dann nur beiläufig) oder sich selbst zu filmen.

Anfangs dachte ich noch, was das für ein langweiliger Käse sei. Inzwischen habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich mir diese Art von Videos gelegentlich anschaue, um ein Gefühl von einer neuen Stadt zu bekommen. Bevor ich sie bereise.

Manche Fans von virtuellen Reisen gehen noch einen Schritt weiter: Sie sehen in diesem Trend die Zukunft des Tourismus. Schließlich sind solche Videoreisen klimaneutral, kosteneffizient und zeitlich flexibel.

Doch können virtuelle Reisen wirklich das tatsächliche Reisen ersetzen?

Virtuelle Reisen: Zwischen digitalen Träumen und Wirklichkeit

Das Versprechen der Technologie ist groß: Die gesamte Welt, nur einen Klick entfernt. Durch beeindruckende Anwendungen wie Google Earth VR oder AirPano können wir von der Couch aus zu fernen Ländern „reisen“. Wir können den Sonnenuntergang über der Serengeti beobachten oder den Blick vom Eiffelturm genießen, ohne jemals unser Wohnzimmer zu verlassen.

Aber fehlt nicht etwas? Kann ein Bildschirm die prickelnde Aufregung eines tatsächlichen Abenteuers wiedergeben? Ein virtueller Spaziergang durch die Gassen von Venedig mag beeindruckend sein, aber kann er das Gefühl ersetzen, sich tatsächlich in einem Gondoliere zu wiegen?

Klar, man spart sich das Geschubse und den Taubenkot und der Espresso zu Hause ist wesentlich günstiger als auf dem Markusplatz, doch wollen wir das? Ist es nicht genau das Unperfekte im Perfekten, das Abenteuer auf einer geplanten Reise, das wir suchen?

Virtuelle Reisen: Die unsichtbaren Vorteile

Es gibt durchaus Gründe, den Trend virtueller Reisen ernstzunehmen. Man kann Orte entdecken, die für die meisten unerreichbar sind, sei es wegen finanziellen, gesundheitlichen oder anderen Gründen. Zudem bietet es eine umweltfreundliche Alternative zum herkömmlichen Reisen.

Trotz der Vorteile digitaler Abenteuer bleibt die Sehnsucht nach dem Echten. Das Gefühl, wenn der Regen auf die Haut prasselt, das Geräusch der Wellen oder das Lachen fremder Menschen auf einem belebten Marktplatz – all das ist durch Technologie nicht ersetzbar. Und wird es auch nie sein. Das mag technologiefeindlich klingen, ist aber gar nicht so gemeint. Schließlich nehme ich ja auch kein Auto, wenn ich mich sportlich betätigen möchte. Alles hat seine Berechtigung, aber auch seinen Platz im Leben.


Virtuelle Reisen: ein Fenster in die Zukunft des Tourismus?

Wie wird sich die Technologie weiterentwickeln? Werden VR-Brillen und andere Geräte in der Lage sein, uns ein noch realistischeres Gefühl zu vermitteln? Vielleicht wird eine zukünftige Generation von Reisenden nicht mehr zwischen virtuellen und physischen Reisen unterscheiden. Weil dieses Gefühl ständig immer und überall alles haben zu wollen, sich noch weiterentwickelt. Wenn gewissermaßen die Globalisierung zum Globalismus verkommt. Wenn wirklich die Welt in das eigene Wohnzimmer passt. Weil bequem, weil nur noch so bezahlbar, weil sicher. Ich bin ganz ehrlich, in dieser Welt möchte ich nicht leben.

Zwar werden virtuelle Reisen nie das tatsächliche Reisen ersetzen, dennoch sehe ich diese Videos als wertvolle Reisevorbereitung, um herauszufinden, ob Stadt XY das geeignete Reiseziel für mich ist. Könnte ich mich in ihr wohlfühlen?

Fazit: Das Beste aus beiden Welten

Virtuelle Reisen öffnen uns Türen zu neuen Erfahrungen und Horizonten. Die Welt ist zum Greifen nah, zumindest digital. Gleichzeitig werden uns virtuelle Reisen immer daran erinnern, wie wertvoll und einzigartig die echten, haptischen Reiseerfahrungen sind. Kurz: Nur wer einmal beim Vorbeigehen den Duft einer Bäckerei in einer fremden Stadt gerochen hat, ist wirklich gereist.