Mit 23 schon in jedem Land der Welt gewesen – was wie ein überambitionierter Bucket-List-Traum klingt, hat Luca Pferdmenges einfach gemacht. 195 Länder in 4,5 Jahren, vom Jemen bis Palau, vom Sudan bis Nordkorea. Seine Reise war alles – nur kein Urlaub. Zwischen Grenzchaos, Gänsehautmomenten und echten Begegnungen hat Luca erfahren, wie groß die Welt ist – und wie überraschend nah sie einem manchmal kommt. Wir haben Luca nach seinen stärksten, aber auch skurrilsten Momenten auf seiner Reise befragt. Und er hat eine Warnung für uns alle …
Was Luca Pferdmenges in diesen viereinhalb Jahren erlebt hat, lässt sich kaum in eine einzige Geschichte pressen. Zu unterschiedlich waren die Orte, zu extrem die Erlebnisse – von herzerwärmender Gastfreundschaft bis zu Grenzerfahrungen, die ihn an seine eigenen Grenzen gebracht haben. Seine Reise war nicht die Suche nach sich selbst, sondern ein kompromissloses Projekt: jedes Land der Erde, mit allen Hürden, Herausforderungen und Überraschungen.
Dabei war vieles weniger glamourös, als es auf Social Media wirkt. Luca übernachtete bei Fremden, schlief in Bussen, durchquerte gefährliche Regionen – immer mit einem Ziel vor Augen. Und doch ist er kein Adrenalinjunkie, sondern jemand, der genau hinsieht, zuhört und Erlebnisse nicht an Sehenswürdigkeiten misst, sondern an echten Begegnungen. Seine Geschichten erzählen nicht vom „perfekten“ Trip, sondern davon, wie Reisen auch Demut lehren kann.
„Ich habe mit Kuhurin geduscht – und es war erstaunlich angenehm“
Ein Beispiel dafür erlebte Luca im Südsudan, wo er beim Mundari-Stamm außerhalb von Juba zu Gast war. Die Gemeinschaft lebt in enger Verbindung mit ihren Rindern, Wasser ist dort Mangelware – also duschen sich die Menschen morgens mit frischem Kuhurin. „Das musste ich natürlich mitmachen“, erzählt Luca gegenüber carryme.to. „Sie fanden es sehr amüsant — in der Regel filmen die Besucher nur, aber ich habe ihre Morgenroutine mitgemacht.“ Für ihn war es eine Erfahrung, die nicht nur surreal, sondern auch erstaunlich wohltuend war: „Morgens ist es durchaus kalt, da ist so eine 35 Grad warme Dusche gar nicht schlecht.“ Danach schmiert man sich, wie es dort üblich ist, verbrannte Kuhkacke auf die Haut – als natürliche Sonnencreme.
„Ich hing in einer illegalen Endlosschleife fest.“
Auch wenn seine Reise oft wie ein (surrealer) Traum wirkte – sie war nicht frei von Krisenmomenten. Besonders in den Guyanas geriet Luca an seine Grenzen. „Als ich die Guyanas bereist habe, war ich illegal in Suriname und Guyana. Dabei wollte ich das gar nicht.“ Es war eine Kette unglücklicher Entscheidungen: Der Grenzposten war bereits geschlossen, als Luca mit einem Speedboat von Französisch-Guayana aus ankam. Trotzdem fuhr er weiter – ein Impuls, der ihn später teuer zu stehen kam. „Einmal musste ich einem Polizisten ganze 200 USD zahlen, weil er mich sonst als illegalen Einwanderer gemeldet hätte.“ Am Ende führte kein Weg daran vorbei, dieselbe Route illegal wieder zurückzugehen. Es war einer der seltenen Momente, in denen er ernsthaft überlegte, alles abzubrechen.

„Nordkorea verlässt man mit mehr Fragen, als man vorher hatte“
Nach Momenten der Überforderung folgten Stationen, die zwar strukturiert, aber nicht weniger verstörend wirkten – wie Nordkorea. Luca besuchte das abgeschottete Land in einem seltenen Zeitfenster für Tourist:innen, begleitet von einem offiziellen Guide. Der Aufenthalt war geprägt von Regeln, Zeitplänen und inszenierten Eindrücken. „Das Überraschendste an Nordkorea ist, dass es keine Werbung gibt. Das Einzige, was man sieht, sind entweder politische Slogans oder Propagandaplakate.“ Begegnungen mit der Bevölkerung blieben flüchtig, Gespräche oberflächlich. „Die meisten hielten uns für russische Geschäftsleute.“ Was hinter den freundlichen Gesichtern wirklich vorging, blieb im Dunkeln – und genau das sei das Verstörende an der Reise gewesen. "Man verlässt das Land mit mehr Fragen, als man vorher hatte."
„Freiheit ist für mich der wahrscheinlich größte Wert im Leben.“
Was Luca auf seiner Reise besonders zu schätzen gelernt hat, ist etwas, das viele für selbstverständlich halten: Bewegungsfreiheit. Als deutscher Staatsbürger konnte er in fast alle Länder visafrei oder mit wenig Aufwand einreisen – ein Privileg, das ihm bewusst ist. „Reisefreiheit ist ein Privileg, wovon wir Gebrauch machen sollten und wofür wir dankbar sein sollten.“ Gerade nach Erfahrungen in repressiven Staaten wird ihm klar, wie fragil dieses Gut ist. „Zu oft ist man in Ländern, wo ein falsches Wort oder ein falsches Outfit zur Verhaftung führen kann.“ Mit Blick auf politische Entwicklungen – auch in Deutschland – äußert er Sorge. „Wenn man sieht, dass über 45 Prozent aller Erstwähler die Linke oder AfD wählen, ist das sehr besorgniserregend.“ Reisen, so wird deutlich, ist für Luca kein reines Freizeitvergnügen – sondern auch ein politischer Akt.

Auch wenn Luca in Rekordzeit durch alle Länder der Welt gereist ist, hat er viele Orte nicht nur im Schnelldurchlauf erlebt. „Ich war in knapp der Hälfte aller Länder mindestens zweimal“, erzählt er. In Mexiko, Südafrika oder Israel hat er sogar jeweils mehr als drei Monate verbracht. Doch jetzt, nach der intensiven Etappe des „Alles-sehen-Wollens“, zieht es ihn mehr denn je zum langsamen Reisen – am liebsten in Regionen, die ihn schon jetzt tief beeindruckt haben: „Freuen würde ich mich auf längere Aufenthalte in Lateinamerika. Gerne mal ein paar Monate Brasilien oder Argentinien.“ Damit trifft er einen Nerv: Reisen, die man nicht nur abhakt, sondern in die man eintaucht.
Denn vielleicht ist genau das die schönste Erkenntnis einer Weltreise: Dass es gar nicht darum geht, überall gewesen zu sein – sondern zu merken, wo man wirklich bleiben will. Nicht nur auf der Landkarte, sondern im Moment.
Erfahre mehr über Luca:
