Wer schon mal längere Zeit in einer Stadt gelebt hat, kennt das: Man kann sich über Architektur, Kulinarik oder Wetter freuen – aber wenn das Miteinander nicht stimmt, wird es schnell einsam. Die Plattform InterNations hat nun erneut untersucht, wie expatfreundlich Städte wirklich sind. Das Ergebnis ist die unfreundlichste Stadt der Welt. Wir stellen aber auch die freundlichsten Metropolen vor. Spoiler: Deutsche Städte schneiden wieder nicht besonders herzlich ab. Ernsthaft?

Bevor wir uns in das Ranking stürzen, sollten wir kurz innehalten. Denn was genau bedeutet eigentlich Unfreundlichkeit? Und ist das, was als kühl oder distanziert wahrgenommen wird, nicht vielleicht einfach kulturell anders kodierte Höflichkeit?

Gerade deutsche Großstädte gelten international oft als reserviert. Pünktlich, organisiert, effizient – aber eben nicht warmherzig im Small Talk. Angeblich wird selten ungefragt gegrüßt, selten gelächelt – und schon gar nicht einfach so jemand angesprochen. Von der Alltagsunfreundlichkeit mal ganz abgesehen:

Hinzu kommt: Die letzten Jahre waren auch in Deutschland geprägt von einer spürbaren gesellschaftlichen Verhärtung. Polarisierung, eine hitzige Migrationsdebatte, wachsender Rechtspopulismus – all das verändert auch das Klima im Alltag, insbesondere gegenüber Fremden. Wer neu in eine Stadt kommt, trifft auf Menschen, die nicht immer offenherzig oder hilfsbereit wirken – sei es aus Überforderung, Misstrauen oder einfach aus Gewohnheit.

Es gibt sicher keine perfekte Definition von Unfreundlichkeit oder Freundlichkeit. Aber vielleicht ist genau das der Punkt: Dass wir den Begriff selbst einmal hinterfragen sollten. Und auch, wie viel Offenheit und Flexibilität wir als Reisende oder Neuankömmlinge selbst mitbringen. Du weißt schon. Das mit dem Wald und dem Hineinrufen und so.

Unfreundlichste Stadt der Welt? Wie man Freundlichkeit misst

Die Daten stammen aus dem Expat Insider Ranking 2024 von InterNations. Über 12.000 Expats weltweit wurden befragt, wie willkommen sie sich in ihrer Wahlheimat fühlen. Die Kriterien: Freundlichkeit der Bevölkerung, Leichtigkeit, lokale Freundschaften zu knüpfen, und das Gefühl, sich zu Hause zu fühlen. Bewertet wurden 53 Städte weltweit. Die Ergebnisse zeigen nicht nur, wo ein Lächeln zur Alltagskultur gehört – sondern auch, wo man sich mit dem ersten Small Talk etwas schwertut.

Die 10 unfreundlichsten Städte der Welt:

#1 München

Die bayerische Hauptstadt landet auf dem ersten oder je nach Perspektive auf dem letzten Platz. So oder so: Stolz kann München darauf nicht sein – und das trotz Biergärten und angeblicher „Gemütlichkeit“. Wer hier neu ankommt, hat es offenbar schwer: kaum soziale Kontakte, wenig Willkommenskultur und gefühlt keinen Platz am Stammtisch.

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#2 Hamburg

Nordisch kühl ist hier keine Redewendung, sondern Lebensgefühl. Laut Studie fühlt sich fast die Hälfte der Expats in Hamburg nicht willkommen – das ist ein trauriger Rekord. Als langjähriger Hamburger wundert mich das Ergebnis, zumal sich die Hansestadt stets als "Tor zur Welt" verkauft.

#3 Berlin

Die deutsche Hauptstadt ist laut Ranking ein Ort, an dem man sich gut verlieren kann – nur eben nicht im sozialen Sinne. Viele fühlen sich isoliert. Wer es hier schafft, Freundschaften zu schließen, hat echtes Berliner Durchhaltevermögen.

#4 Frankfurt am Main

In Frankfurt zählt der Job – nicht die soziale Anschlussfreude. Viele Expats fühlen sich wie Gäste auf einer endlosen Businessreise. Immerhin ist man von hier schnell wieder weg – per ICE oder Langstreckenflug.

#5 Köln

Tatsächlich – die Stadt, die sich selbst als Karnevalshochburg rühmt, enttäuscht laut Ranking beim Willkommenheißen. Vielleicht, weil sich der berühmte kölsche Charme bei Reisenden und Expats anders anfühlt als im echten Alltag.

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#6 Zürich, Schweiz

Ordnung, Sauberkeit – und Distanz. Wer neue Freund:innen sucht, hat es hier schwer. Immerhin gibt’s Schokolade als stillen Freund.

#7 Basel, Schweiz

Auch hier: viele Expats, wenig Anschluss. Die Stadt ist wunderschön, aber offenbar kein Ort für Spontanfreundschaften. Ob sich dank der Austragung des Eurovision Song Contest 2025 daran etwas ändert?

#8 Oslo, Norwegen

Einsamkeit mit Fjordblick: Expats beklagen fehlenden Zugang zur lokalen Kultur. Man bleibt lieber unter sich – und das Wetter hilft auch nicht.

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#9 Stockholm, Schweden

Ähnlich wie Oslo: In Stockholm gilt es als schwierig, Anschluss zu finden. Wer sich durchbeißt, wird aber mit Design, Zimtschnecken und einer atemberaubenden Natur belohnt.

#10 Vancouver, Kanada

Die einzige nicht-europäische Stadt im unteren Ranking. Trotz hoher Lebensqualität fühlt man sich hier offenbar oft allein. Und das bei so viel Natur um die Ecke.

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Und jetzt zum Ausgleich: Die 10 freundlichsten Städte der Welt

#1 Málaga, Spanien

Die südspanische Stadt ist laut Ranking das absolute Freundlichkeits-Mekka. Hier fühlen sich Expats nicht nur willkommen, sondern richtig zu Hause. Sonne, Tapas, offene Menschen – was will man mehr?

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#2 Mexiko-Stadt, Mexiko

Klar, die Stadt ist riesig – aber laut Befragung auch riesig herzlich. Die Mexikaner:innen sind freundlich, kontaktfreudig und lassen Neuankömmlinge sofort teilhaben – und das trotz regelmäßiger Sicherheitswarnungen.

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#3 Alicante, Spanien

Outdoor-Lifestyle und Leichtigkeit: In Alicante entstehen Freundschaften beim Spaziergang, beim Café con leche oder am Strand. Über 80 % finden hier schnell Anschluss.

#4 Valencia, Spanien

Schon wieder Spanien! Offenbar kommt soziale Wärme von meteorologischer Wärme. 😉 Valencia überzeugt mit entspanntem Lebensstil und echtem Interesse an Neuankömmlingen.

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#5 Ras Al Khaimah, VAE

Die kleine Schwester Dubais zeigt sich offen und zugänglich. Vor allem die Offenheit gegenüber ausländischen Lebensentwürfen kommt bei Expats gut an.

#6 Bangkok, Thailand

Wer hier lebt, liebt das pulsierende Leben – und die Herzlichkeit der Menschen. Reisende loben besonders die Offenheit und die soziale Energie.

#7 Madrid, Spanien

Spaniens Hauptstadt vereint Großstadttrubel mit Menschlichkeit. Hier tanzt man sich offenbar schnell ins Herz der Einheimischen.

#8 Panama-Stadt, Panama

Der Mix aus lateinamerikanischer Gelassenheit und internationalem Flair funktioniert: Offenheit und ein gutes soziales Netz machen’s möglich.

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#9 Nairobi, Kenia

Nairobi überrascht mit echtem Community-Gefühl. Besonders der Austausch mit Locals klappt hier besser als in vielen anderen Metropolen.

#10 Muscat, Oman

Nicht im Fokus vieler Reiserouten, aber ein echtes Gastfreundschafts-Highlight. Hier fühlen sich Expats schnell angekommen – und respektiert.

Sind Deutsche nur zu Deutschen freundlich?

Ein solches Voting ist sicher kein Grund zur Verbitterung – aber vielleicht zur Inspiration. Es gibt tatsächlich Anzeichen dafür, dass Offenheit gegenüber Fremden in Deutschland nicht selbstverständlich ist. Laut Studien des Pew Research Center und des Sachverständigenrats für Integration und Migration sind viele Deutsche im internationalen Vergleich weniger kontaktfreudig gegenüber Unbekannten und fremden Kulturen. Das zeigt sich nicht nur im Alltag, sondern auch bei der Frage, wen man als Nachbar:in, Kolleg:in oder Freund:in akzeptiert.

Historisch betrachtet liegt ein Grund vielleicht im tief verwurzelten Bedürfnis nach Ordnung, Kontrolle – und Distanz. Nach den Brüchen des 20. Jahrhunderts war die deutsche Gesellschaft lange stark nach innen gerichtet, geprägt von einem gewissen Sicherheitsbedürfnis, auch im Zwischenmenschlichen. Dazu kommt ein hohes Maß an Privatsphäre: Was anderswo als herzlich gilt, wirkt in Deutschland schnell wie ein Überschreiten persönlicher Grenzen.

Heißt das, dass Deutsche nur zu ihresgleichen freundlich sind? Nicht zwingend. Aber sie sind oft freundlicher, wenn sie sich sicher und verstanden fühlen. Vielleicht hilft’s ja, das nächste Mal in München nicht nur das Bier zu bestellen, sondern auch mal „Servus“ zu sagen. Und wem es dann doch zu (un)bunt wird: Málaga ist nur einen Flug entfernt.

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