Die Kanarischen Inseln locken mit einem ganzjährig freundlichen Klima, wundervollen Stränden und einsamen Buchten. Allerdings hat das auch seinen Preis und kommen daher zunehmend an ihre Kapazitätsgrenze. Die Einwohner:innen vor Ort protestieren gegen den Massentourismus. Ein Überblick.
Immer, wenn ich etwas über Massentourismus lese, dann muss ich an eine Situation bei meiner ersten Fernreise nach Kuba denken. Ich stehe mit den Füßen im weißen Sand, vor mir das türkisblaue Meer. Es sind kaum Wolken am Himmel. Karibisches Flair. Doch, wenn ich meinen Blick etwas nach links schweifen lasse, da verändert sich das Bild komplett. Eine Hotelanlage reiht sich an die andere. Soviel zum Thema karibisches Flair und Idylle.
Wenn der Massentourismus Regionen oder Städte an seine Grenzen bringt, dann sprechen wir von Overtourism (auf Deutsch „Übertourismus“). Es sind einfach zu viele Menschen an einem Ort zu einer bestimmten Zeit. Wir alle kennen das Phänomen, wenn wir uns kaum mehr in eine andere Richtung bewegen können und von Menschenmassen mitgezogen werden. Am meisten leidet darunter aber die Bevölkerung vor Ort.
Tourismus: zwei Seiten einer Medaille
Tourismus ist immer Fluch und Segen zugleich. Einerseits natürlich als Einnahmequelle für das jeweilige Land, andererseits kommt jedes Land irgendwann an seine Grenzen. Die Kanarischen Inseln sind seit Jahren ein sehr beliebtes Reiseziel nicht nur bei digitalen Nomaden oder Menschen, die dort längere Zeit überwintern, sondern auch bei Urlauber:innen. Wenn es irgendwann zu viel wird, dann protestieren die Einwohner:innen und genau das ist auf den Kanaren passiert. Hier sind tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen den Massentourismus zu demonstrieren.
Tourismusproteste auf den Kanarischen Inseln
Tausende Menschen haben sich auf den Kanaren im letzten Monat zusammengeschlossen, um gegen den Massentourismus zu protestieren. Die Proteste gingen durch die Medien. Nicht nur Bewohner:innen auf den Kanaren, sondern auch Zugezogene nahmen daran teil. Auslöser war unter anderem der Ansturm der Tourist:innen, der für dieses Jahr erwartet wird: von 17 Millionen Menschen ist die Rede – bei 2,2 Millionen Einwohnern. Bereits im Jahr 2002 wurde ein Volksgesetzesentwurf verabschiedet, der einen Baustopp für die Infrastruktur für den Tourismus nach sich zog. Allerdings wurde dieser in den letzten Jahren immer mehr aufgeweicht und schließlich vor vier Jahren geändert, sodass der Bau fortgesetzt werden konnte.
Mögliche Lösungen
Es gäbe aber schon Lösungsmöglichkeiten, wenn man die Gedanken des Soziologieprofessor Eugenio Reyes von der Universität Las Palmas de Gran Canaria verfolgt. Er plädiert für einen klimaneutralen Tourismus und schlägt vor, eine Art Kurtaxe einzuführen, um somit pro Übernachtung etwa einen Euro zu verlangen und bei ca. 15 Millionen Tourist:innen im Jahr die Summe für Investitionen zu nutzen. Auch den Blick in die Zukunft wagt er: So sollen mehr Menschen mit längeren Aufenthalten sowie digitale Nomad:innen angezogen werden.
Aber nicht nur die Kanaren haben mit dem Phänomen des Massentourismus zu kämpfen, sondern auch andere Regionen, wie Amsterdam oder auch Island.
In Amsterdam werden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um einerseits Neubauten von Hotels nicht mehr im Stadtzentrum zuzulassen und andererseits Kampagnen, die sich speziell an Reisende selbst richten. Mehr darüber liest du hier in unserem Artikel.
Overtourism auf Island
Auch das beliebte Reiseziel Island mit seiner rauen, faszinierenden und einzigartigen Natur hat immer wieder mit Massentourismus zu kämpfen. Ein prominentes Beispiel war eine Schlucht in Island mit dem Namen Fjadrárgljúfur. Dort hatte der Popstar Justin Bieber ein Musikvideo gedreht und anschließend wurde der Canyon zum beliebten Hotspot und musste regelmäßig gesperrt werden, damit die Natur nicht komplett zerstört wird. Seitdem siehst du auch überall Warnschilder, die darauf aufmerksam machen, auf den ausgezeichneten Pfaden zu bleiben und nicht auf die Moose zu treten und sich von den Klippen fernzuhalten.
Was können wir tun, um Overtourism nicht zu befeuern?
Ich selbst versuche immer eher in der Nebensaison zu verreisen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass die Preise oftmals günstiger und die Regionen weniger überfüllt sind, sondern ich erlebe Regionen und Städte auch mit einem anderen Vibe. Auch müssen es nicht immer die Top-Sehenswürdigkeiten sein, die einen Ort ausmachen, sondern vielmehr ein Feeling.
Bei mir reicht es manchmal schon, mit einem Getränk in der Hand dem Trubel in der Stadt zuzuschauen oder sich einfach durch die Straßen treiben zu lassen, um ein Gefühl für eine Stadt zu bekommen.
Und seien wir mal ehrlich, ist es das wirklich wert, mit tausenden Menschen dieselbe Sehenswürdigkeit zu bewundern, um wie alle anderen das gleiche Foto zu machen?
Natürlich musst du das für dich selbst entscheiden, aber ich habe gelernt, dass besonders die unbekannten Ecken einer Stadt eigentlich vielmehr über das Leben vor Ort aussagen.